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11 Jahre Haft wegen Totschlags

Symbolbild
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Erntehelfer von der Reichenau am vierten Prozesstag verurteilt

Konstanz. Die 4.Strafkammer des Landgerichts Konstanz hat am Montag den 46jährigen rumänischen Erntehelfer P. wegen Totschlags an seiner 49jährigen Ex-Lebensgefährtin G. zu 11 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es nach Anhörung von 25 Zeugen und 3 Sachverständigen als erwiesen an, dass P. am frühen Morgen des 14.Juli 2021 die ebenfalls aus Rumänien stammende Frau trotz versuchter Abwehr mit mehreren Messerstichen 50 Meter von ihrer Reichenauer Wohnung entfernt getötet hat. Sie hatte ihn zuvor nach Konflikten und Drohungen verlassen, die seine Umgebung nicht wirklich ernst nahm. Mit ihrem Leichnam auf dem Rücksitz, so die Rückschlüsse der federführenden Kripo Rottweil, steuerte P. die Autobahnausfahrt Engen an, wo er sich auf der Standspur eine lebensbedrohliche Halsverletzung mit dem gleichen Messer zufügte, wie DNA-Analysen ergaben. Den Ermittlungen zufolge habe er zuvor dem Sohn der Getöteten, einem seiner Söhne sowie einem Freund seine Tat per Handy berichtet und eine Aufnahme seines Suizidversuch in Facebook gestellt. Einer Notoperation folgte eine Verlegung in die Haftanstalt Hohenasperg, seither sitzt er in der JVA Konstanz ein.

Den  letzten Verhandlungstag mit der Anhörung weiterer Sachverständiger verfolgt P. erneut in Fußfesseln und schwer bewacht, er wirkt nahezu durchgängig teilnahmslos und setzt sein Schweigen fort. Der vom Schöffengericht bestellte Gutachter Prof. Hoffmann vom Reichenauer Zentrum für Psychiatrie blickte auf das bisherige Leben des Angeklagten zurück, der 2014 im Heimatland bereits wegen Totschlags in Notwehr gegen einen Angreifer zu einer 6jährigen Haftstrafe verurteilt worden war, worauf sich seine Ehefrau mit gemeinsamen 3 Kindern von ihm scheiden liess. Auch diese Trennung konnte er nie verwinden. Im Verhandlungsverlauf nahm der Gutachter zwei Gesichter des Angeklagten wahr - einerseits höflich, freundlich, fleißig, ordentlich, verlässlich, sich trotz allem um die Eltern und Familie kümmernd, andererseits wohl auch aufbrausend, eifersüchtig, drohend, depressiv, in Konfliktsituationen zwar nicht gewalttätig, aber auch keine Hilfe suchend. Eine krankhafte seelische oder psychopathische Störung konnte er bei P. jedoch nicht feststellen, weshalb nach dem geltenden Strafrecht volle Schuldfähigkeit gegeben war, was auch das Gericht so sah.

In ihrem Plädoyer forderte Staatsanwältin Fritschi eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren, ein Jahr unter der Höchststrafe bei Totschlag. Eine Verurteilung wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen gab die Beweislage nicht her. So konnten auch die Motive zur Tat nicht eindeutig geklärt werden, hier blieben Zweifel -  ein Umstand, den Verteidiger Bilidt in seinem Plädoyer hervorhob, welches auf 10 Jahre Freiheitsentzug lautete. Fritschi, die ihm vorwarf, seine Tat sei die Demonstration eines uneingeschränkten Besitzrecht auf die Verstorbene, forderte den Angeklagten abschließend auf, den Mut zu finden, wenigstens seinen Söhnen und den Kindern des Opfers seine Tat zu erklären. Erst im Schlusswort brach der Angeklagte sein Schweigen unter Tränen: „Es tut mir leid, so leid. Es war nur ein Streit.“ Nun prüfen Staatsanwalt und Verteidigung, ob Revision gegen das Urteil eingelegt wird.

Wochenblatt @: Oliver Fiedler