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Liebe Leserinnen und Leser,

| Liebe Leserinnen und Leser

juhu, der Sommer kann kommen. Die Inzidenzwerte sinken, wir dürfen Öffnungsschritt nach Öffnungsschritt beklatschen, die Einkaufsstraßen bevölkern und wieder gemütlich einen Latte Macchiato oder Espresso im Straßencafé schlürfen.

Und fast hat man das Gefühl, die Normalität hat uns wieder.

Wir möchten an diesem Punkt einen Moment innehalten. Nicht, weil wir irgendjemand den Spaß und die Freude nicht gönnen, nein, auch uns schmeckt der Kaffee unter Menschen gerade besser als daheim und wir freuen uns, wieder in die Geschäfte gehen zu können. Oder anders ausgedrückt: Wir wollen an dieser
Stelle keine Spaßbremse sein.

Wir glauben vielmehr, dass die Freude länger währen wird, wenn wir noch ein bisschen aufpassen.

Dieser Tage hat der Verfasser von einer Club-Party in der Schweiz gehört, bei der auch Menschen aus der Region waren, die sich dort prompt mit Covid-19 angesteckt haben. Will sagen: Wir haben den Virus noch nicht besiegt. Allem inneren Drängen und Verlangen nachzugeben, scheint uns irgendwie noch nicht angemessen. Lasst uns die ersten Freuden des Sommers maßvoll angehen, damit die Freude länger währt …

Themawechsel, wenngleich es weiterhin um Maßhalten geht: Nahezu immer in der Geschichte, wenn Krisen uns irgendwie beutelten, gab es Menschen, die sich besonders schnell darauf eingestellt haben und gute Lösungen gegen gutes Geld angeboten haben. Krisengewinner nannte man die schon lange und das hatte schon immer auch etwas Anrüchiges. Wir würden da gerne differenzieren: Wer in der Corona-Krise Antworten hatte, die wirklich geholfen haben, und dabei den wirklichen Nutzen nie aus den Augen verloren hat, der soll bitte auch Geld damit verdienen. Innovationsgeist, Mut und vor allem auch Arbeit müssen belohnt werden.

Aber wir haben sicherlich zusammen mit Ihnen auch anderes beobachtet: dort, wo die Lage und die Möglichkeiten, oft auch Unklarheit von Seiten der Regelmacher ausgenutzt wurden, um Kasse zu machen, ohne Nutzen zu bringen. Das Rezept für solche Geschäfte: Wer die Ängste oder die Begierden der Menschen gerade richtig einschätzen kann und wer ein bisschen skrupellos ist, dem ist es ein Leichtes, Tests anzubieten, bei denen man nur ein bisschen an der Nase gekitzelt wird, gefälschte Impfausweise per Internet zu verkaufen oder wie zu Beginn der Krise einen halben Liter Desinfektionsmittel für mehrere hundert Euro anzubieten. Wir glauben, dass Corona uns die Chance gibt, genau da auch sonst im Leben genauer hinzuschauen: Wo wird uns wirklich Sinnvolles angeboten und wo treiben uns Angst, Begierde und damit nicht zuletzt unreflektierte Maßlosigkeit in Abhängigkeiten, die zum Schluss nur dem dienen, der den Geldbeutel öffnet, damit die Euros hineinkullern? Letztlich fällt hierunter auch das Thema »aus Bequemlichkeit alles bei Amazon und Co. bestellen und gleichzeitig von mehr Wohlstand zu träumen und weiter lebendige Innenstädte zu erwarten«.

Tatsächlich nehmen wir wahr, dass das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen gerade in vielen Bereichen auf dem Prüfstand steht. Wir denken: Gut so.

Wir wechseln von den Krisengewinnern zu den Krisenverlierern: Nicht alle können gerade so richtig genießen, dass das Leben wieder zurückkommt und vielleicht macht es Sinn, dass wir einen Teil unserer Aufmerksamkeit denen schenken, deren Situation wir gesamthaft wohl erst in ein paar Monaten verstehen werden. Schon jetzt ist absehbar, dass die Zahl der Privatinsolvenzen stark gestiegen ist und dass es viele Menschen gibt, die mit Long Covid, wie der Name schon sagt, lange zu knabbern haben und nach wie vor kaum mehr ihren Alltag bewältigt bekommen.

Gerade ihnen (und Ihnen allen, liebe Leserinnen und Leser) wünschen wir, dass Sie auf irgendeine Weise für sich auch neue und gute Wege finden, um wieder Kraft zu schöpfen.

Wir wünschen Ihnen und uns viele sonnige Tage und zwischenrein belebenden Regen

Carmen Frese-Kroll, Verlegerin
Anatol Hennig, Herausgeber

Wochenblatt @: Singener Wochenblatt

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