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Liebe Leserinnen und Leser,

wir können es nicht lassen, wir müssen nochmal auf The Länd eingehen:

Sehr geehrter Herr Kretschmann,

wir schreiben Sie auf diese Weise an, weil wir in der Coronazeit in dieser Region gelernt haben, dass Sie und viele andere politischen Vertreter ohnehin Anschreiben nicht substantiiert beantworten (können?), also so, dass man (vor allem der/die Verfasser der Anschreiben) damit etwas anfangen können.

Und das werfen wir Ihnen nicht einmal vor: Social Media heißt ja, jeder kann jeden schnell erreichen, auch ohne zu überlegen, weil es eben so schnell und einfach geht. Und das, was da bei Ihnen an Post ankommt, wird immens sein. Aber vielleicht entstehen ja in »The Länd« künftig die Innovationen, die dafür sorgen, dass in dem ganzen Kommunikationswirrwarr wieder Wichtiges von Unwichtigem unterschieden werden kann und Menschen, die eigentlich gemeinsam Lösungen suchen müssten, wieder zusammenfinden und sich gegenseitig Wertschätzung schenken können. Dann hätte auch dieses Schreiben im Frühjahr sicherlich anders beantwortet werden können: wochenblatt.link/lebenretten.

Wir hätten da schon eine Idee: Mit Schreiben, die ausformuliert, auf ordentlichem Briefpapier, kommen und bei denen sich Menschen sichtlich tiefergehende, nicht nur egozentrierte Gedanken gemacht haben, könnte man sich intensiver und individueller beschäftigen als mit Social-Media-Posts und dahingerotzten Mails, das wäre doch ein spannender Algorithmus, oder? Wir nennen die App, die da zu programmieren wäre, einmal Wertschätzung 2.0. Womit wir, sehr geehrter Herr Kretschmann, beim Thema wären, bei »The Länd« und ein paar Gedanken dazu:

Als Verlag, der sich naturgemäß seit über 50 Jahren mit Werbung beschäftigt, schauen wir mit Respekt auf Ihre Kampagne für »The Länd«. Sie haben Aufmerksamkeit geschaffen und das gewaltig, was bei über 20 Millionen Euro Etat auch das Mindeste sein muss. Und: Auch Polarisierung ist Wirkung, das wissen wir. Wenn es Ihnen zudem damit wirklich gelingt, ins »Musterländle« (hören Sie schon den Zungenschlag?: Musterländle) Fachkräfte zu holen, dann ziehen wir den Hut.Öffentlich in über 86.000 Haushalten der Region. Dann haben Sie, Ihre Berater*innen und Mitarbeiter*innen, genau den richtigen Riecher gehabt: Ja, Baden-Württemberg braucht Fachkräfte an allen Ecken und Enden, Menschen, die arbeiten wollen, Fachkompetenz haben und mit uns hier richtig etwas bewegen wollen.

Nur ganz nebenbei bemerkt, ist gelb - die Hintergrundfarbe Ihrer Kampagne - aber das wissen Sie sicherlich, die Farbe der Erhellung, der Neugier und der Hoffnung. Gelb steht für Intellekt und Verstand. Gelb steht aber auch für egoistisch, für nichtemotional und ist die Farbe für mangelndes Mitgefühl. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum es »The Länd« heißt, und uns Badenern das le einfach abgeschnitten wurde. In Stuttgart hat man offensichtlich nicht so viel Mitgefühl mit den Badenern.

Mit dem Plakat, das wir heute mitten in Baden gesehen haben, auf dem steht: »Egal, ob alemannisch, kurpfälzisch...Wir sind The Länd ... « können wir indes tatsächlich nicht einig gehen und zwar nicht, weil die Werbung trotz in Baden-Württemberg (im Gegensatz zu Bayern) gescheiterter Presseförderung nicht auch zum Beispiel in unserem mit viel Liebe gemachten Wochenblatt gelandet ist und das eine gute Gelegenheit wäre, die demokratiefördernden Medien zu fördern (und den Lokaljournalismus, der ein Teil der Basis des Lebens vor Ort ist), sondern weil es inhaltlich falsch ist: The Länd ist eindeutig schwäbisch und eben nicht alemannisch, hier fehlt das le oder das li. Und an der Grenze zur Schweiz können wir Ihnen sicher sagen: Die Alemannischen sind Südwestdeutsche, Nordostschweizer und Vorarlberger, Elsässer und Liechtensteiner. Wenn die Deutschschweiz beispielsweise aber zu The Länd gehören soll, dann müsste sich politisch viel tun. Ob das die Schweizer wollen, bezweifeln wir. Vielleicht braucht es da Fachpersonal aus Baden, das Sie künftig beraten kann... .

Womit wir bei den Menschen im Land und in der Region sind, die derzeit hier eine Menge leisten. Wir haben einmal gelernt, dass man sich, wenn man nach Meuen schielt, zumindest auch mit denen beschäftigen sollte, die schon da sind. (Achtung, bevor hier manche falsche Schlüsse ziehen: Das hat nichts mit dem Flüchtlingsthema zu tun.) Und dass man für Neues Strukturen schaffen muss (das schon eher). Deshalb werden Kinderzimmer meistens vor der Geburt von Babys eingerichtet, auch im Musterländle.

Nach unserer bisherigen Wahrnehmung (siehe wochenblatt.link/klartext) stehen Sie eigentlich erwiesenermaßen seit 2017 genau für diesen Pragmatismus und das hochemotional.

Damit sind die wir bei den Themen, die uns momentan umtreibenen: Wie gut funktioniert unser Gesundheitssystem, wie sorgen wir wieder für eine ordentliche Versorgung der Menschen in den Kliniken und für ordentliche Arbeitsbedingungen dort (ja, wir wissen, das ist vor allem Bundessache)? Wie gut ist die Region an den Schienenverkehr angebunden? Wie viel Bürokratie ist nützlich im Ländle und ab wann werden Verwaltungen zu Innovationsverhinderern? Was brauchen wir für die Energiewende wirklich (siehe Ihr Video von 2017, das wir nicht vergessen haben)? Was für ein Bildungssystem erwartet die Fachkräfte im Land, wenn sie denn kommen? Ein zukunftsgerichtetes oder ein hoffnungslos überaltertes?

Wir glauben, dass da viel zu tun ist und links und rechts der A 81 ein ordentlicher Reformstau den Verkehrsfluss verhindert… Und da hoffen wir auf Ihren Pragmatismus und Ihre Emotionen, damit »The Länd« kein Wolkenkuckucksheim ist, sondern ein Musterländle, das man im Alltag auch wahrnimmt und in dem man gerne lebt. Binden Sie uns hier unten mit ein, so wird das was mit den Innovationen und vielleicht dient das auch, dass »The Länd« zum Fachkräftemagneten wird. Dann sind wir wieder versöhnt.

Ihnen und unseren Leserinnen und Lesern eine gute Zeit und eine hoffentlich alltagstaugliche UND lebensfreundliche Coronapolitik in den nächsten Wochen (und ja, wie ahnen, wie schwierig diese Entscheidungen für Sie sind)

Alles Guede und für Sie, Herr Kretschmann, aelles Guade,

 

Carmen Frese, Verlegerin

Anatol Hennig, Herausgeber

Oliver Fiedler, Chefredakteur

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