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Liebe Leserinnen und Leser,

mit dieser Ausgabe haben wir Ihnen ein Weihnachtsmenü zubereitet, das Ihnen hoffentlich über die Feiertage etwas Freude bereitet, vielleicht sogar den einen oder anderen besinnlichen Gedanken aufsteigen lässt. Schatten und Licht – der Titel war die Idee von Michaela Salamon, die unsere Geschäftskunden für die alljährliche Glückwunschbeilage berät. Ihr ging es um den sehr zuversichtlichen Gedanken, dass Schatten nur da sein kann, wo Licht ist, ansonsten wäre einfach Dunkelheit. Unsere Redaktion hat daraus mit vielen Gesprächspartnerinnen und -partnern eine – so hoffen wir – lesenswerte Festtagslektüre zubereitet und unsere Geschäftskunden wünschen Ihnen auf vielfältige Weise darin schöne Festtage.

Dieses Jahr haben wir wieder etwas gelernt: Vor allem, dass wir auch innerhalb des Wochenblatts nicht immer einer (politischen) Meinung sind. Zwischen Weihnachten und Silvester werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, wieder einmal Zeugin und Zeuge unserer Meinungsunterschiede: Es wird auch um Licht und Schatten gehen, wenn wir unsere alljährlichen Zeitzeichen veröffentlichen. Seien Sie gespannt … Auch wenn es darin nicht ganz so heiß hergeht, wie das eine oder andere Mal in unseren Redaktionssitzungen …

In einem allerdings waren wir uns einig: Wenn man rund um Weihnachten Stress in den Familien haben will, dann muss man es so machen wie Olaf Scholz.

Der sagte letzte Woche in seiner ersten Regierungserklärung, die Regierung sei die Regierung »der Mehrheit und der Zweifler«. Aber letztlich »die Regierung derer, die sich an die Regeln halten«.

Erst einmal denkt man vielleicht, der Mann hat ja irgendwie recht, aber dann ist uns etwas aufgefallen:

Warum um Gottes Willen geht es immer gleich um die jeweils ganze Person und nicht einfach um ein jeweiliges Verhalten? Warum sieht sich Olaf Scholz bemüßigt, zu sagen, dass seine Regierung die Regierung derer ist, die sich an die Regeln halten? Ist seine Regierung für alle anderen nicht Regierung? Bislang war unser derzeitiges System so, dass eine Regierung die Regierung aller ist, selbst derer, die im Gefängnis sitzen, Parkgebühren nicht bezahlen, Steuern hinterziehen oder sich nicht an welche Regeln auch immer halten. Sie alle dürfen diese Regierung ja auch wählen. Und manches Verhalten wird aus meiner Sicht sinnvollerweise auf jeweils unterschiedliche Weise bestraft. Welches Verhalten bestraft wird, bestimmen die Mehrheiten in den  Parlamenten und die Gerichte und letztlich über die Wahl der Repräsentanten wir alle. Und für die Regelverstoßer unter uns, die wir ja durch kleine Delikte (Parksünder etc.) alle sind, gibt es kein endgültiges Aus, nein, wir bleiben mitten in der Gesellschaft. Selbst Schwerverbrecher werden bei uns nicht getötet.

Warum also sagte Olaf Scholz nicht zum Beispiel einfach so etwas wie: »Wir gehen derzeit davon aus, dass uns die aktuellen Coronaregeln durch diesen Teil der Krise helfen. Und deshalb ist es wichtig, dass Sie diese Regeln einhalten. Wer sie nicht einhält, muss mit empfindlichen Bußgeldern rechnen, weil wir dieses Verhalten nicht dulden können und wollen, es gehört nun einmal zur Demokratie dazu, dass Mehrheitsentscheidungen von allen gelebt werden. Gleichzeitig werden wir weiter versuchen, alles dafür zu tun, dass Sie, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, verstehen, warum wir welche Regeln beschließen. Und wenn wir feststellen, dass Regeln keinen Sinn machen, ändern wir sie.«

Dann würde es eben um ein Verhalten gehen, was gegen Regeln verstößt, die derzeit nach bestem Wissen und Gewissen Sinn machen und um entsprechende Bußgelder, und nicht um Menschen, die komplett falsch sind. Für dieses Verhalten werden Bußgelder verhängt, zu Recht, weil die Regel ist ja nicht umsonst beschlossen  worden. Aber dem Regelverstoßer die Türe zu weisen, ihm zu sagen, dass man nicht seine Regierung mehr sei, das entspricht dem Elternhaus, das das Kind rauswirft, nachdem es gelogen hat: »Wir sind nicht mehr Deine Eltern«, würden sie dann entsprechend Olaf Scholz sagen. Ein Fall fürs Jugendamt und man kann relativ sicher davon ausgehen, dass das so behandelte Kind nicht mehr zu den Eltern zurückkehrt und es lange braucht, bis über so einen Graben wieder eine tragfähige Brücke gebaut werden kann … Insofern hat Scholz unrecht, wenn er sagt, dass die Gesellschaft nicht gespalten ist: Er spaltet sie selbst mit.

Es sollte aus unserer Sicht darum gehen, über Verhalten zu diskutieren, dieses Verhalten, wenn es gegen die Regeln verstößt, zu kritisieren und im Zweifelsfall auch Bußgelder zu verhängen.

Es sollte nicht darum gehen, den ganzen Menschen erst in eine Ecke zu stellen und ihn dann vor die Türe zu setzen und die Türe dauerhaft zuzumachen. Denn in diesem Menschen ist noch mehr als das Fehlverhalten. Er kann bereuen oder, wenn er doch je richtig lag mit seinen Gründen, uns etwas zeigen. Dass das nicht sinnvoll ist, wusste übrigens schon Jesus, als er die Sünder als Menschen wahrnahm und über die Sünden mit ihnen sprach.

Und so geht es vor allem darum, dass wir unsere Worte ein wenig hin und her wenden, bevor wir sie auf unsere Mitmenschen loslassen, gerade in diesen Zeiten.

Und wenn wir uns jetzt an Weihnachten treffen oder telefonieren, dann sollten wir es vielleicht nicht im Olaf-Scholz-Style machen. Vielleicht sollten wir lieber über ein jeweiliges Verhalten reden, uns konfrontieren, erst einmal um zu verstehen, nicht um gleich zu bewerten.

Denn dann, und womöglich nur dann, können wir alle immer wieder zusammenfinden, auch wenn wir falsch lagen, bereuen, uns verzeihen. Und: So ganz genau wissen wir doch noch gar nicht, wer falsch liegen wird zum Schluss und wer richtig. Das ist nicht nur in  Corona-Dingen so, sondern fester Bestandteil unseres Lebens. Wenn wir uns dann noch gegenseitig zugestehen, dass wir alle mittlerweile ganz schön erschöpft sind, dann wären die Voraussetzungen für ein friedliches Weihnachten schon fast da … (he).

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen von ganzem Herzen friedliche, versöhnliche, besinnliche, herzenswarme und vor allem gesunde Weihnachtsfeiertage


Ihr gesamtes Wochenblatt-Team

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