Clowns, Corona und 'C'ultur: Perspektivenwechsel - Wer, wenn nicht ein Esel? (Folge 4)

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Die Welt in Worte gefasst, durch die Augen eines Stummen:

Euchrid Eucrow ist entrückt, nicht Teil der Welt der ausgesprochenen Worte. Er steht in weiter Ferne zu der sektenartigen Gemeinschaft der Ukuliten, die den hohlen Worten ihres Predigers so viel Wert beimessen. Und doch ist er dabei, als stummer Zeuge und feinsinniger Beobachter. Der Roman Und die Eselin sah den Engel von Nick Cave, Autor und Frontmann der Band The Bad Seeds, zieht den Leser wortwörtlich mit in die Tiefe. Gewalttätig, in Geschehnissen und Sprache, thematisiert der Roman die Frage nach der Zugehörigkeit und lässt den Leser die Perspektive wechseln.

Im Gespräch mit Anatol Hennig haben wir Und die Eselin sah den Engel unter einer ganz neuen Perspektive analysiert. Eine Herangehensweise an einen Roman, der nur mit zugefügtem Beipackzettel zu empfehlen ist.


Eure Stimme im Ohr, Kim

 

 

Übersetzung des von Nick Cave vorgetragenen Ausschnitts aus And the Ass saw the Angel -  Mah Sanctum

Mein Allerheiligstes - meine Höhle aus Ranken und Moos - liegt etwa zehn Schritte rechts von mir in dem Dickicht, in dem ich jetzt stecke. So dicht ist das Sumpfland bewachsen, daß ich manchmal bis zu dreißig Minuten brauche, um das kleine Versteck, das ich mir eingerichtet hatte, zu finden; dabei bin ich hunderte von Malen dort gewesen. Ich mußte dann nach den Streifen weißen Lakens Ausschau halten, die hell wie Buschgespenster in den verflochtenen Wänden hingen - die zeigten mir den Weg. Dort war ich inmitten meiner Schätze. Die fleckigen Binden wie Flaggen, Nägel und Zwecken in Schachteln. Elektrokabel in einer Kiste. Mein Hammer. Plastiktüten voller Streichhölzer und großer und kleiner Kerzen aus der Kirche. Meine Bibeln. Bindfaden. Tierknochen und Federn und Vogelschädel. Scheckenhäuser und Nester. Einige meiner Schuhkartons - ungefähr zehn. Bilder, die ich aus Zeitschriften geschnitten und an den Wänden aufgefädelt hatte. Die winzigen blauen Glasflaschen mit Duftwasser. [...]

(Nick Cave: Und die Eselin sah den Engel, München 2014, Wilhelm Heyne Verlag, S. 145-146)

 

 

 

Wochenblatt @: Kim Kroll

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