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Nicht alle Unternehmensgeschichten fangen glorreich an. So auch nicht die der Brauerei Bilger, die als "Brauerei zur Sonne" 1832 das Licht der Welt erblickte. Was Gründer Johann Nepomuk Bilger wirklich gelernt hat, ist unklar. Jedenfalls nicht das Brauerhandwerk. Trotzdem braute er Bier in der Sonne, das reichte ihm. 

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Brauerei Bilger: Der Sohn schuf das Imperium

Sein Sohn Johann Baptist Bilger wahr ehrgeiziger. Er erkannte damals die Zeichen der Zeit und baute die Brauerei konsequent aus, nutzte die neue Eisenbahn für den Versand in die ganze Region. Durch ihn wurde das Bilger-Bier berühmt. Die nächste Generation unter Albert Bilger baute die Brauerei zum modernen Großbetrieb aus. Damals wurde sogar überlegt, die Brauerei an einen verkehrsgünstigeren Ort zu verlegen, etwa nach Basel oder Singen. Nach der Jahrhundertwende beherrschte die Brauerei durch den neuen Sudhausturm auch als Gebäude den Ort, erst die nächste Generation führte übrigens 1908 den Namen "Bilger-Bier ein.

Bis 1914 baute man noch eigenen Hopfen an. Schon in der Zeit des ersten Weltkriegs begann Bilger, andere Brauereien zu schlucken, landesweit wurden Abfüllanlagen bis nach Stuttgart gebaut, zu denen von Gottmadingen aus das frisch gebraute Bier in roten Tankwagen gefahren wurde, die schnell zu einem der Markenzeichen wurden. Sogar an Bord der Flugzeuge der Lufthansa gab es in den 60er Jahren Bilger Bier. Auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung war Bilger die viertgrößte Brauerei Südbadens mit 271 Mitarbeitern und einem Ausstoss von 21,7 Millionen Liter Bier. Doch die Lust am eigenen Geschäft hielt nicht ewig. Ein Schock war es, als 1968 die Beteiligung der Brauerei Fürstenberg an Bilger bekannt wurde. Schnell folgten die Konsequenzen. Zug um Zug wurde die Produktion nach Donaueschingen verlegt. 1976 wurde zum letzten Mal Bilger-Bier in Gottmadingen gebraut.

Diese Tradition lebt durch die Narrenzunft Gerstensack mit Zunftbraumeister Charles Binder nur noch an Fastnacht auf. Ein später Trost für den Brauereistandort kam für die Gemeinde Gottmadingen, als die Witwe des letzten Bilger-Chefs, Anneliese Bilger verstarb. Sie vermachte ihr ganzes Vermögen der Gemeinde, die daraus eine Stiftung machte. Damit konnte die neue Sporthalle zum Teil mitfinanziert werden. Die damaligen Mitarbeiter von Bilger sollten auch noch ein Teil des Erbes erhalten. Vor vier Jahren wurde die gesamten Gebäude mit Ausnahme des ortsbildprägenden Sudhausturms abgerissen. Hier soll ein ortskernnahes Wohngebiet entstehen.

Oliver Fiedler


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