Kulturpolitik ist zwar Gesellschaftspolitik, es hieße die Kulturschaffenden aber überfordern, ihnen auch noch den Kampf gegen Arbeitslosigkeit aufzubürden. Aber es ist notwendig, einen Blick auf Gründe und Hintergründe des kulturellen Lebens zu werfen, die Kultur begünstigen oder behindern. Mit seiner kulturellen Infrastruktur befindet sich Singen am Ende des Jahrtausends in einer guten Position. Theopont Diez und Herbert Berner haben ein Netz städtischer Grundversorgung mit Kultur geschaffen: Theater, Konzerte, Kunst und Stadtgeschichte.
In den nächsten Jahren wurde der Schwerpunkt auf das Kulturangebot einer jungen Stadt gesetzt - Konstanz verfügte über klassische Angebote. Singener schufen gemeinsam neue Angebote: das Theater "Die Färbe", die "GEMS" im Gasthaus "Kreuz" oder das Kunstmuseum sind hier Beispiele. In der Stadt Singen tragen Chöre, Musikvereine und Kulturinitiativen schon bisher einen wesentlichen Teil des kulturellen Lebens - und entlasten das Stadtsäckel. Der Jazzclub macht mit geringer städtischer Unterstützung ein Programm mit Weltstadtniveau. Das Hegau-Museum hat sich mit Unterstützung des Singener Museumsvereins von einem Heimatmuseum zu einem archäologischen Zentrum gemausert. Kultur braucht Konzepte - die gemeinsam mit Vereinen, Künstlern und anderen Kulturschaffenden entwickelt werden müssen: Ein Konzept, das die Beiträge der freien Kulturarbeit, des bürgerschaftlichen Engagements und der Vereinsarbeit systematisiert.
Ein Konzept, das ermittelt, welche Bedürfnisse die Künstler an die Stadt Singen und ihre Zentralfunktion für den Hegau haben. Ein Konzept, das den Beitrag der Kultur für eine nachhaltige Stadtentwicklung umreißt. Ein Konzept, das mit unterschiedlichen Jahresschwerpunkten die Beiträge der entsprechenden Einrichtungen, der freien Kulturträger und der Vereine in den Vordergrund stellt. Dann wird Singen auch im nächsten Jahrtausend über ein vorzeigbares, interessantes und freudvolles Kulturleben verfügen - trotz schwieriger materieller Voraussetzungen.
Alfred Frei