Wie werden wir Wohnen in 50 oder 100 Jahren? Architekten sagen, dass die heute praktizierte Flächensiedlung keine sehr große Zukunft mehr hat. Unsere Landschaft ist endlich. Ein mehr und mehr verdichteter Wohnungsbau wird sich nach diesen Visionen in den nächsten Jahren immer weiter durchsetzen, die Menschen müssen näher zusammenrücken, auch um neue Formen der Energieausnutzung einführen zu können, wie auch um auf die immer stärker in den Vordergrund tretende Erscheinung des "Einzelmenschen" zu reagieren.
Wie die Wohnungen in der Zukunft aussehen, das wollte die Familie Willauer Ende letzten Jahres von Studenten der Blocherer-Schule für Innenarchitektur in München aus Anlass des 100-Jährigen Bestehens des Möbelhauses in Singen wissen. In 100 Jahren, so analysieren die Studenten, wird es auch die klassische Wohnung von heute nicht mehr geben. Die immer stärker geforderte Flexibilität und dadurch immer häufigere Wohnungswechsel wie auch die Entwicklung, dass viele Teile der Arbeit nach Hause verlagert wird und die immer weiter fortschreitende Vereinzelung der Menschen bringen einen neuen Typ des Wohnens hervor. Um weiter eine "Heimat" zu haben, haben sich die angehenden Innenarchitekten die Wohnung in der Wohnung ausgedacht. Ein Schneckenhaus, in das man sich zurückziehen kann, und das man mit nimmt, wenn man wieder die Stadt wechseln muss.
Die Landschaft der Möbel wird das Gefühl der Familie ersetzen, dadurch, dass man die Wohnung mitnimmt, verliert die Wand immer mehr an Bedeutung. Das neue funktionale Arbeits- Schlaf und Kochmöbel ist eine Insel in einem Raum geworden. Das "Schlafei" ist Symbol für den Rückzug, den der Mensch der Zukunft antreten möchte, doch er hat den Draht zur Welt mit allen Medien bei diesem physischen Rückzug immer dabei. Ob die Visionen wahr werden? Auch schon in der Bauhaus-Ära gab es ähnliche Vorstellungen einer neuen Welt, die neue Formen braucht. Das war in den 20er Jahren. Daraus wurde in den 50er Jahren die Nierentisch-Ära mit tatsächlich neuen Formen, die doch in eine Rückkehr zu rustikalen Möbeln und nun schließlich in eine neue Welle der "Natürlichkeit" mündete, welche eher konservativ geprägt ist. Auch gab es in den 50er und 60er Jahren schon einmal einen wesentlich verdichteten Wohnungsbau als heute. Das freistehende Einfamilienhaus hat sich als Statussymbol in den letzten Jahren gestärkt. Wir werden sehen.
Oliver Fiedler