Jahr/Epoche

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Wo die Wiege der Menschheit vor etwa 2.5 Millionen Jahren lag, ist heute nachwievor umstritten. Eines ist jedoch als gesichert anzunehmen, die frühesten Menschen im Raum von Südwestdeutschland haben vor ca. 500.000 - 600.000 Jahren gelebt. Dieses Zeitalter wird zwar pauschal als Eiszeit bezeichnet ist aber geprägt durch sich abwechselnde Kälte- und Wärmeperioden. In einer solchen Wärmeperiode, in der ausgedehnte Wälder mit großem Wildreichtum (z. B. Waldelefanten, Hirsche, Nashörner, Flusspferde, Säbelzahntiger) vorherrschten lebte der homo heidelbergensis. 1907 wurde bei Mauer an der Elsenz (bei Heidelberg) der Unterkiefer eines homo erectus gefunden. 

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Geschichte des Landkreises Konstanz

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Erst nach dem Einsetzen einer wärmeren Periode, wieder durch große Waldgebiete charakterisiert, haben wir nach den Heidelbergischen Funden Belege frühmenschlicher Existenz. Ein weiterer Schädelfund (1933 entdeckt bei Steinheim an der Murr) datiert in eine Zeit vor ca. 250.000 Jahren und wird von der Forschung als eines frühesten direkten Vorstufen zum homo sapiens angesehen, der homo sapiens steinheimensis. Leider wurden dort bisher keine Werkzeuge gefunden, aber Vergleiche aus dem westlichen und südlichen Mitteleuropa zeigen, dass diese Frühmenschen differenzierte Abschlaggeräte aus Stein und Jagdwaffen aus Holz besaßen.

Wieder klafft eine zeitlich große Fundlücke bis zum Neandertaler, der vermutlich vor ca. 100.000 Jahren in Südwestdeutschland heimisch war. Ein Oberschenkelbruchstück, gefunden 1937 in der Stadelhöhle am Hohlenstein, wird dem Neandertaler zugeschrieben und hat ein Alter von ca. 80.000 - 60.000 Jahren. Der Neandertaler (homo sapiens neandertalensis) erlebt ja gerade eine Art der Wiedergeburt. Wurde er bis noch vor gar nicht langer Zeit als ein krummbeiniges und langarmiges, mehr oder weniger intelligentes und dem damaligen homo sapiens weit unterlegenes Geschöpf angesehen, so versteigen sich heute manche in der Behauptung, er würde entsprechend gekleidet, in einer Stadtbevölkerung gar nicht mehr auffallen. Wie dem auch sein mag, der Neandertaler lebte nicht nur vor dem homo sapiens, sondern sicher auch eine zeit lang mit dem homo sapiens zusammen. Inwieweit allerdings Kontakte zwischen den Gruppen bestanden haben mögen, ist umstritten. Vor ca. 32.000 Jahren treffen wir den modernen Menschen, den homo sapiens sapiens, mit eindrucksvollen Funden an. Berühmt sind vor allem die Tierfigürchen aus der Vogelherdhöhle bei Ulm und dem Geißenklösterle bei Blaubeuren, die als früheste Kunstgegenstände gelten.

Ab dieser Zeit, die von sich abwechselnden Kälte- und Wärmeperioden geprägt war, berichten uns zahlreiche Funde über die Lebensweise der damaligen Jägergruppen. Eiszeit Man stelle sich eine Landschaft mit niedrigem und kargem Pflanzenbewuchs vor, ein Boden, der bis mehrere Meter tief gefroren ist und selbst in den wenigen Wochen des sogenannten Sommers nur an der Oberfläche auftaut. Eine karge Landschaft mit rauhem Klima, die durchschnittliche Jahrestemperatur lag bei -3º bis -1º C. Diese Tundralandschaft liegt nicht in Sibirien sondern lag im Bodenseeraum. Sie wurde begrenzt im Norden durch die Höhen des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb, im Süden durch den eisigen Wall der Gletscher, die über Singen hinaus reichten. Wir befinden uns in einer Zeit vor ca. 15.000 Jahren und damit in der letzten Phase der Eiszeit, der sogenannten Würmeiszeit. Vom Bodensee war weit und breit noch nichts zu sehen, er sollte sich erst nach dem Rückzug der mächtigen Alpengletscher als tiefes, von den Eismassen ausgeschürftes Becken mit den Schmelzwassern auffüllen und später zum Anziehungspunkt jungneolithischer Siedler werden. Aber kehren wir zur Eiszeit des 13. vorchristlichen Jahrtausends zurück, zu einer Periode, die von den Archäologen nach einem französischen Fundort als Magdalénien bezeichnet wird. Das Klima war damals nicht mehr ganz so kalt, das Jahresmittel lag in etwa bei 4º-7º C, und die Landschaft vor den Gletschern war durch Steppenvegetation wie Gräser, Kräuter und niedrige Sträucher geprägt - Wälder gab es noch nicht. Der Eisrand lag in etwa auf der Höhe von Schaffhausen und die Gletscher bedeckten zum größten Teil die Landschaften des Hegaus. Als bedeutendsten Fundort dieser Zeit ist das Kesslerloch beim heutigen Grenzort Thayngen gelegen, zu nennen. Zahlreiche Geräte aus Rengeweih und -knochen, zum Teil mit Tierdarstellungen verziert, wie Wurfspeere und Harpunen, charakterisieren die Bewohner dieser Höhle als spezialisierte Rentierjäger. Es wurden aber auch beispielsweise die Knochenreste vom Mammut, Wollnashorn, Steinbock und Wisent sowie von einigen Raubtieren wie Höhlenlöwe, Braunbär, Wolf und Luchs gefunden.

Das Klima beginnt zunehmend milder zu werden und das Eis zieht sich weiter in Richtung Alpen zurück. Als Abflussrinne der Schmelzwasser entstand zwischen Engen und Singen eine weite Talebene, in der ideale Weidebedingungen für die damals großen Rentierherden bestanden. In geschützten Lagen konnten sich nun vereinend stehende Bäume behaupten. Eines der Täler in diesem Gebiet ist uns heute als Brudertal bei Engen bekannt, in der zwei eiszeitlich genutzte Höhlen liegen: der sogenannte Petersfels und die Gnirshöhle. In beiden Höhlen wurden durch Ausgrabungen bedeutende Fundmaterialien zu Tage gefördert, die uns ein anschauliches Lebensbild der vergangenen Jägerkulturen vermitteln. Besonders berühmt sind der Lochstab aus der Petersfelshöhle mit seiner Darstellung zweier Rentiere und die stilisierten Frauenfigürchen aus fossilem Holz (Gagat), die wohl als Anhänger oder als Schmuckbesatz auf der Kleidung gedient haben. Das damalige Leben war geprägt durch die verschiedenen Jahreszeiten. Die Menschen richteten sich nach den Wanderzügen der großen Rentierherden und suchten sich Behausungen, von denen aus man die Jagdzüge ohne weite Märsche unternehmen konnte. Der Petersfels und die Gnirshöhle, an einer engen Stelle im Brudertal gelegen, waren dazu ideal. Die Rentiere verließen im Herbst ihre Sommerweiden im Alpenvorland und wanderten nach Norden zur überwinterung ins mittlere Neckargebiet. Dabei konnten sie beim Aufgang zu den Höhen der Schwäbischen Alb durch die schon wartenden Jägergruppen leicht in enge Täler abgedrängt und in großer Zahl erlegt werden. Man verarbeitete die Tiere direkt an Ort und Stelle und legte sich somit einen Vorrat für den bevorstehenden langen Winter an.

Vor ca. 11.000 Jahren wurde das Klima deutlich wärmer. Das Eis zog sich in die Alpen zurück, der Bodensee füllte sich mit den Schmelzwassern und die Landschaft veränderte sich recht rasch. Es entstanden ausgedehnte Wälder und die Zeit der großen Tierherden war endgültig vorbei. Sie wanderten nach Norden ab und die Mehrzahl der eiszeitlichen Jäger dürfte ihnen gefolgt sein. Der Mensch musste sich auf die Einzeljagd nach den Tieren des Waldes umstellen, die zudem in weit geringerer Zahl als die Rentiere vorhanden waren. Damit ging auch eine Umstellung der gesamten Lebensweise einher, die offensichtlich nur von wenigen erfolgreich bewältigt wurde; uns sind nur wenige Lagerplätze bekannt. Vom Rentierjäger zum Jäger und Sammler, dies ist vor ca. 9.500 Jahren wohl durch eingewanderte Gruppen geschehen. Es bricht somit die letzte Epoche der Jäger- und Sammlerkulturen an, das sogenannte Mesolithikum, die Mittelsteinzeit. Die Menschen suchten Geländekuppen, die Seeufer und nachwievor Höhlen und Felsüberhänge als Lagerplätze auf, um von dort je nach Saison den Tieren nachzustellen und die reiche Nahrungsquelle Wald zu nutzen. Auch der Fischfang spielte in den Seeuferplätzen ein große Rolle. Der Wasserstand des Bodensees hatte sich zur damaligen Zeit auf 400 m ü. NN eingependelt (heute bei mittlerem Wasserstand 395 m ü.NN). Zahlreiche mesolithische Fundplätze liegen auf dieser Höhenlinie und dürften wohl in unmittelbarer Nähe zum See angelegt worden sein. Schon zu damaliger Zeit hatte der Bodensee wohl eine starke Anziehungskraft auf den Menschen ausgeübt, allerdings lag mehr die Beschaffung von Nahrung im Vordergrund als das Freizeitvergnügungen. Mit seinem Wild- und vor allem auch Fischreichtum und mit seinen vielfältigen Nahrungsressourcen in den Waldgebieten bot die Region am See ein ideales Aufenthaltsgebiet der nomadisierenden Jäger- und Sammlergruppen.

Als wohl bedeutendsten Einschnitt in der Entwicklung des Menschen wird der Wechsel vom Jäger- und Sammlerleben zur bäuerlichen Sesshaftigkeit angesehen. Nie zuvor und auch nie danach ist die Lebensweise so einschneiden verändert worden wie in der Mittleren Steinzeit vor ca. 7.500 Jahren. Schon vor ca. 10.000 Jahren begann man im Orient mit der Kultivierung von Wildgetreide und der Domestizierung wilder Tiere wie z.B. Schafe und Ziegen. Langsam begann der Mensch sich auf eine völlig andere Lebensform umzustellen. Seine Ernährung musste er nicht mehr mühselig zusammensuchen oder erjagen. Er konnte mit dem Anbau von Feldfrüchten und der Zucht von Haustieren Überschüsse erwirtschaften, die ihn in die Lage versetzten, Vorräte für eine größere Anzahl von Menschen anzulegen; damit wurde die Grundlage für Siedlungsgemeinschaften gelegt. Für diese Wirtschaftsweise mußte allerdings das Nomadentum aufgegeben werden, die Menschen errichteten dauerhafte Behausungen und verblieben über Generationen an einem Ort. Ausgehend vom Orient verbreitete sich diese Art des Daseins langsam über den Balkan bis nach Südwestdeutschland, wo ab der Mitte des 6. Jahrtausends vor Christus der Abschied von der jägerischen Lebensform begann. Dieses einschneidende Ereignis wird heute als die Neolithische Revolution bezeichnet. Was passierte damals? Wir haben gesehen, in unserem Gebiet lebten wandernde Gruppen, die von der Jagd und den Waldfrüchten lebten. Um 5.500 v.Chr. wurden diese Lebensform aber immer mehr durch eine bäuerliche Lebensweise abgelöst, deren Träger nach der Verzierungsweise ihrer Keramik als Bandkeramiker bezeichnet werden. Ihre Kultur drang von Osten her kommend in unseren Raum ein und verbreitete sich relativ rasch über Mitteleuropa von Ungarn bis nach Holland. Sie waren es, die bei uns zum ersten Male Häuser errichteten, Felder anlegten und Tiere züchteten und damit auch massiv in das Landschaftsbild eingriffen. Schließlich mußte man Platz schaffen für die Weiden und Felder. Das bedeutete die Rodung der ausgedehnten Waldflächen, bei der auch Baumaterial für die Häuser abfielen. Da man die Düngung noch nicht kannte, mussten im Laufe der Generationen für immer neue Flächen für den Ackerbau und Viehzucht auf Kosten des Waldes Raum geschaffen werden. Neben ihrer typischen, mit Bändern verzierten Keramik sind den Archäologen die Langhäuser der Bandkeramiker gut bekannt, deren Reste wir in Siedlungen bei Hilzingen oder beim Hohentwiel bei Singen gefunden haben. Ebenso haben Ausgrabungen in Baden-Württemberg eine große Anzahl bandkeramischer Gräberfelder ergebe, in den die Torten in der Regel als Hockerbestattungen der Erde anvertraut worden sind. Neuere Forschungen ergaben, dass auch mediterrane Gruppen aus dem italischen Raum in etwa zeitgleich mit der bandkeramischen Kultur ihre bäuerlich geprägte Kultur nach Norden trugen. Die Einflüsse dieser nach dem französischen Fundort La Hoguette bezeichneten Kultur sind auch im Bodenseeraum nachweisbar, allerdings gingen sie dann in der bandkeramischen Kultur auf. Bisher ist nicht bekannt, wie die ansässigen Jäger auf die neue Lebensform reagierten. Mussten sie sich in nicht von den Bandkeramikern genutzte Gebiete zurückziehen, wurden sie von den Einwanderern eliminiert oder übernahmen sie die bäuerliche Lebensweise, wurden also "neolithisiert"? Am meisten wahrscheinlich ist wohl die mehr oder weniger friedliche "Neolithisierung" der Jägerkulturen anzunehmen, ohne dies allerdings archäologisch nachweisen zu können. In einem Punkt sprechen die archäologischen Befunde allerdings eine recht eindeutige Sprache. Mit dem Auftauchen der bandkeramischen Kulturen ging ein recht schneller und krasser Wechsel der Lebensweise einher, die jägerischen Gruppen verschwinden im archäologischen Fundgut völlig. Es brach nun eine Epoche an, in der Ackerbau und Viehzucht das Leben der Siedler bestimmte bis gegen Ende des 5. Jahrtausends v.Chr. die Menschen am Bodensee begannen, ihre Dörfer in die Uferbereiche der Seen zu verlagern und die ersten Pfahlbauten errichteten.

Dr. Patrick Rau, Archäologisches Landesmuseum Konstanz


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