»Auf ein Wort!«

Letztlich hilft nur glaubwürdige Politik

| Oliver Fiedler | Schlagzeilen | Singen Stadt | Raum Singen
Wochenblatt Talk
Auf dem Podium am Sonntag in der Färbe_ MdB Andreas Jung, MdB, Rita Schwarzelühr-Sutter, Dr. Wolfgang Petersen vom IfD Allensbach unter der Moderation von Walter Studer. swb-Bild: of

Wochenblatt-Podium zum Wählerschwund der Volksparteien

Singen (of). Nicht nur das Podium, sondern auch das Auditorium in der Färbe war höchst prominent besetzt beim aktuellen Wochenblatt-Talk zum Thema „Laufen den Volksparteien die Wähler davon“ am Sonntag. Moderator Walter Studer gestand, der er kurzfristig noch überlegt hatte, ob er nicht das Thema in „Warum laufen die Volksparteien die Wähler davon?“ ändern solle, was sein Eindruck der letzten Wochen gewesen ist.

Auf dem Podium saßen die beiden Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD)  aus Waldshut und Andreas Jung (CDU) aus Konstanz, und Dr. Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach, der die Wahl im Vorfeld wie Nachgang in vielen Umfragen begleitet hat.

Was war anders bei dieser letzten Wahl gewesen, die erst in der letzten Woche zu einem Start in eine Regierungsbildung führte nach fünf Monaten hin und her?  Dr. Thomas Petersen machte deutlich, dass natürlich jede Wahl anders sei. Doch dieses Jahr habe die Flüchtlingskrise oder deren Nachwirkungen besonders kurz vor der Wahl alle anderen Themen überdeckt. Das bestätigte auch Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) die im Wahlkampf durchaus das Gefühl bekam, dass es für sie nicht zu Wiederwahl reichen würde. „Gerechtigkeit“ sei ihr Thema gewesen, doch bei all ihren Auftritten sei ihr das Thema Flüchtlinge entgegengeschlagen. „Den Volksparteien laufen nicht die Wähler weg, sondern die Stammwähler“, analysierte Andreas Jung. Man einen Wahlkampf unter dem Motto „Gut leben“ geführt, aber dann die meiste Wähler in Richtung FDP verloren, so sein Rückblick.

Die Mode, dass verächtliche Bemerkungen „en vogue“ seien, was unter „Politikverdrossenheit“ gehandelt wurden, habe eigentlich ihren Höhepunkt überschritten, stellte Dr. Petersen klar.  Deutschland könne man nicht mit Italien vergleichen, eher mit Holland.  Perspektiven hätten sich verändert, es sei da ein ganz normaler Prozess, dass sich da auch neu Parteien bilden würden. Es gehe inzwischen auch eher um „Lebenswelten“, unterstrich Rita Schwarzelühr-Sutter. Für sie haben die Rechtspopulisten durchaus von den 68ern eine Menge gelernt, wie sie Themen in der öffentlichen Diskussion auch durch Provokation platzieren.

Wohin gingen die Wähler der „Volkspartei“ SPD. Für die SPD-Abgeordnete ist der Schwund seit vielen Jahren im Gange: Ein Flügel ging weg durch die Grünen in den 1980ern , ein weiterer Flügel sei durch die Agenda 2010 von Kanzler Schröder weggebrochen. „Alle kämpfen eigentlich um die Mitte, weil dort die meisten Wähler vermutet werden. Man müsse aber schon darauf schauen, wie man die Ränder abdecken kann“, meinte sie.

 „Die Menschen haben einen Wohlstand, aber sie haben Angst davor, dass dieser Wohlstand in Gefahr ist“, stellte Dr. Petersen heraus.  „Heute sagen viel mehr Leute, dass man was ändern könne, denn für ihn hat das bürgerschaftliche Engagement sogar zugenommen und die Bürger seien selbstbewusster geworden. „Sind sie deswegen weniger treu den Parteien gegenüber?“ fragte dazu Walter Studer spitz nach. „Ja“, antwortete Petersen knapp, die Menschen entschieden aus ihrer aktuellen Situation ob etwas passt oder nicht. „Schauen sie bei den Vereinen hinein“, ergänzte Rita Schwarzelühr Sutter. Denn dort sei ein ähnlicher Umbruch spürbar. „Am Ende ist entscheidend, dass wir glaubwürdig Politik machen“, so Andreas Jung auf den Einwurf der SPD-Abgeordneten, dass man nicht mehr daran denke, dass man immer SPD gewählt habe wenn man Abend im Zug Angst bekomme.

„Wir müssen an die Fragen gehen, die Ängste in der Bevölkerung zu bewältigen“ gab sich Rita Schwarzelühr-Sutter entschieden auf die Frage, was nun ihre Antwort für die Arbeit der künftigen Regierung und ihr Beitrag ist. Daraus hätten die Rechtspopulisten ihr Kapital geschlagen. „4 von 10 Deutschen glauben, sie könnten Politik besser machen als die Politiker selbst“, blickt Dr. Petersen  in eine der zahlreichen Umfragen seines Instituts. Auf der anderen Seite sei Politik immer Komplexer und gewiss nicht in den TV-Talkshows zu vermitteln, in denen Fachleute ohnehin fehlten. Nach vielen Kommentaren in Richtung AfD blieb freilich der Vorsatz, dass einzig eine glaubwürdige Politik Wähler überzeuge. Die zu vermitteln sei freilich die Kunst, denn grade bei der letzten Wahl habe sich besonders deutlich gezeigt, dass „Die Lüge immer erfolgreicher als die Wahrheit“ gewesen sei.

 „Als Wähler habe ich ja eigentlich auch das Recht, meinen Abgeordneten in Berlin alle vier Jahre auszuwechseln“, so Andreas jung. Auch in den USA oder Frankreich habe sich gezeigt: Auf dem Land werde die Wahl entschieden, nicht in den Städten. Und dort sei es den Wähler eher darum gegangen, der etablierten Politik eins auszuwischen aus der eigenen Angst, zum Verlierer zu werden. Deshalb müsse es darum gehen, dass man auf dem Lande auch genauso gut leben könne wie in einer großen Stadt.

Sehr viele Fragen am Schluss der Runde an die beiden Politiker machten deutlich, dass das Thema die Menschen auch aus den unterschiedlichsten Positionen heraus bewegt.

Mehr Bilder gibt es in der Galerie.

Wochenblatt @: Oliver Fiedler

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6. Sonntags-Talk auf der Färbebühne

»Warum laufen den Volksparteien die Wähler davon?«


mit Moderator Walter Studer

 

Das Thema vom 11. März könnte aktueller nicht sein.

Zum einen haben CDU undSPD bei den Wahlen nur noch  knapp die Mehrheit im Bundestag behauptet. Aber sie haben noch nie so schlecht abgeschnitten in der Nachkriegszeit. Die Ereignisse nachden Wahlen haben die SPD weiter abstürzen lassen. Nach den neusten Umfragenliegt im Moment die AfD in der Wählergunst vor der SPD.

 

Haben sich die Volksparteien von der Basis entfernt oder hat sich die Basis bewegt, ohne dass es die Parteien bemerkt haben? Sind die Programme der Parteien abseits der Realität der Menschen? Wollen die Leute neue Exponenten an der Spitze? Es soll vor allem die ältere Generation sein, die die politische Rechte gestärkt hat. Vermissen sie eine »geistig-moralische Erneuerung«, wie kürzlich der Vorsitzende des Kreisseniorenrats geäußert hat?


Themen genug also für den nächsten

Sonntags-Talk in der Färbe am 11. März 2018
Beginn: 11.00 Uhr, Türöffnung: 10:30 Uhr in der »Färbe« in Singen.
Eintritt ist frei!


Um eine Spende für den Verein »Menschen helfen« wird gebeten!

 


Auf dem Podium diskutieren:

  • Rita Schwarzelühr-Sutter, SPD-Bundestagsabgeordnete, Kreis Waldshut-Tiengen
    Nach dem Abschluss des Studiums der Betriebswirtschaft Berufserfahrungenin Wirtschaft und Politik. 1999 Wahl in den Gemeinderat Lauchringen, seit 2004 Mitglied des Kreistages Waldshut, 2005 Wahl in den Bundestag.

  • Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter, Kreis Konstanz
    Nach dem Abschluss des Studiums der Rechte Berufserfahrungen als Jurist.2003 Zulassung Rechtsanwalt und Arbeit in einer Kanzlei. 1990 Einstieg indie Politik als 15-jähriger. 2005 Wahl in den Bundestag.

  • Dr. Thomas Petersen, Meinungsforscher, Institut für Demoskopie Allensbach
    Studierte Geschichte und Publizistik. Begann 1993 seine berufliche Karriere in der Meinungsforschung als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Demoskopie Allensbach. 2001 Promotion und 2010 Habilitation an der Technischen Universität Dresden. Autor von Fachbüchern.