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Die Kandidaten des Wahlkreis Konstanz-Radolfzell im WOCHENBLATT-Wahltest

Mehrere hundert Wahlhelfer werden am Wahltag im Landkreis im Einsatz sein, um die Ergebnisse dieser wichtigen Wahl zusammen zu tragen. swb-Bild: gü/ Archiv

Fünf Fragen zu den zentralen Punkten an die Bewerber der im Landtag vertretenen Parteien

Konstanz/ Radolfzell. Am kommenden Sonntag haben die Wähler das Wort. Sie wählen den Landtag für die kommenden fünf Jahre und damit auch den Ministerpräsiden, der die Geschicke des Landes für die nächsten fünf Jahre lenken soll. Schon seit Monaten herrscht unter den Parteien Wahlkampfstimmung, in den letzten Wochen gab es die Möglichkeit, sich auf sehr vielen Terminen zu den akutellen Themen zu informieren.


Insgesamt 11 Parteien hat der Wahlausschuss des Landkreises für die Landtagswahl am 13. März für den Wahlkreis Konstanz-Radolfzell zugelassen, der derzeit mit einem Abgeordneten und einem Minister im Landtag beziehungsweise der Regierung vertreten ist.

Das WOCHENBLATT möchte hier allen seinen Lesern mit dem WOCHENBLATT-Wahltest die Möglichkeit bieten, die Argumente der Kandidaten der im Landtag vertretenen Parteien zu fünf zentralen Fragen zu vergleichen und damit auch bei der Entscheidung helfen, wer wem seine Stimme gegen will.
Damit ist auch ein Aufruf verbunden, das Wahlrecht zu nutzen und damit auch die Möglichkeit, hier mit der eigenen Stimme die Zukunft des Landes mit zu bestimmen.

1. Frage: Wie sehen Sie Zukunft der Gemeinschaftsschule?

Dr. Fabio Crivellari (CDU): Die Gemeinschaftsschule hat Geburtsfehler, weil sie überhastet eingeführt wurde. Gleichzeitig gibt es ein Ungleichgewicht in der Förderung der Schularten. Damit machen wir Schluss. Wir geben den Gemeinschaftsschulen eine Bestandsgarantie, aber es gibt vorerst keinen Neubau. Jedes Kind soll in einem differenzierten Schulsystem seinen Weg gehen können.
Nese Erikli (Grüne): Die Gemeinschaftsschule hat in den vergangenen drei Jahren gezeigt, dass sie auf jeden Fall Zukunft hat. Auch die Opposition engagiert sich insbesondere im ländlichen Raum für Gemeinschaftsschulen und will sie nicht mehr abschaffen. Kein Kind wird abgehängt, keines unterfordert, mehr als jede andere Schulform kann die Gemeinschaftsschule auf unterschiedliche Bedürfnisse und Leistungsniveaus eingehen. Das überzeugt auch den Landeselternbeirat, den Landesjugendring, die GEW und den Handwerkstag.
Peter Friedrich (SPD): Die Gemeinschaftsschule ist eine erfolgreiche Ergänzung für ein vielfältiges Schulangebot. Vor allem entscheiden bei uns die Städte und Gemeinden selbst, welche Schulen sie wollen. Wir haben den Eltern das Recht gegeben, selbst zu entscheiden, welche Schule für ihr Kind die richtige ist. Und sie machen dies sehr verantwortlich. Wir haben in Konstanz die größte Gemeinschaftsschule des Landes und ich bin für eine gymnasiale Oberstufe. An Gymnasien, Realschulen und Werkrealschulen haben wir mehr individuelle Betreuung und Schulsozialarbeit eingeführt.
Jürgen Keck (FDP). Die Gemeinschaftsschule als ergänzende Schulform soll erhalten bleiben. »Ergänzend« deshalb, weil auch Gymnasium, Realschule, Werkrealschule gleichwertig in unserer Schullandschaft bestehen bleiben müssen. Jedes Kind muss die Möglichkeit haben, »seine« Schule zu besuchen. Die GMS muss weiterentwickelt, aber nicht einseitig gefördert werden. Der Schulfrieden muss über die Legislaturperiode hinaus gelten. Wir brauchen wieder Freiraum, um über Qualität von Unterricht zu sprechen und uns gezielt darum zu kümmern.

2. Frage: Wie würden Sie für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen?


Dr. Fabio Crivellari (CDU): Die CDU will mit einem Wohnraumförderungsprogramm alle Wohnungssuchenden, Alleinerziehende, Studenten, Rentner und sozial schwache Familien einbeziehen. Dafür wollen wir 250 Mio. Euro im Jahr bereitstellen. Voraussetzung für mehr Wohnraum ist, dass Vorschriften und Gesetze, die das Bauen unnötig verteuern, abgeschafft werden. Zugleich brauchen wir Anreize, damit auch private Bauherren wieder in günstigen Mietwohnungsbau einsteigen.
Nese Erikli (Grüne): Die Anstrengungen, die die Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren unternommen hat, müssen verstärkt und fortgeführt werden. Das bedeutet: Gegen die Zweckentfremdung und Umwandlung von Wohnraum muss weiter vorgegangen werden. Wir müssen deutlich mehr Mittel in den sozialen Wohnungsbau investieren.
Peter Friedrich (SPD): Mein Ziel ist die Schaffung von 5.000 neuen Wohnungen in den nächsten fünf Jahren im Wahlkreis Konstanz. Dies erfordert, neben Innen- und Nachverdichtung, auch die Erschließung von neuen Bauflächen. Wir haben den sozialen Wohnungsbau in Baden-Württemberg wieder eingeführt, wir brauchen noch ein Baubeschleunigungsgesetz.
Jürgen Keck (FDP): Durch Zuzug von Grenzgängern und die nahe Grenze zur Schweiz ist die Wohnraumsituation bei uns besonders schwierig und teuer. Im Regionalplan könnten Zielabweichungsverfahren und Ausweisung von Bauland sowie Nachverdichtung geeignete Maßnahmen sein.
Damit auch private Investoren wieder vermehrt im günstigeren Segment bauen, brauchen wir günstiges Bauland und eine Änderung der Landesbauordnung.

3. Frage: Welche Maßnahmen würden Sie in puncto innere Sicherheit ergreifen?


Dr. Fabio Crivellari (CDU): Wohnungseinbrüche und andere Delikte sorgen für ein Gefühl der Unsicherheit. Um dem zu begegnen, wollen wir 1.500 Polizisten mehr im Land. Zugleich trete ich für mehr Respekt und Wertschätzung gegenüber den Beamten ein. Deswegen werden wir die Polizisten besser ausstatten und mehr Videoüberwachung an Brennpunkten einsetzen. Die Polizeireform sorgt für viel Kritik. Nach der Wahl stellen wir sie gemeinsam mit Polizei und Fachleuten auf den Prüfstand und bessern gegebenenfalls nach.
Nese Erikli (Grüne): Obwohl die Landesregierung hier eine sehr gute Bilanz vorzuweisen hat – die Polizeireform wird von Experten und Betroffenen als Erfolg gesehen, Wohnungseinbrüche gehen zurück, zwei Antiterrorpakete in 2015 sorgen für noch besseren Schutz vor islamistischem und rechtsextremen Terrorismus – gibt es Handlungsbedarf. Drei Themen, die mir ganz persönlich besonders am Herzen liegen: Der Schutz der Wirtschaft vor Spionage, die weitere Arbeit an einer bürgernahen und offenen Polizei und eine große Verfassungsschutzreform.


Peter Friedrich (SPD): Wir haben die Polizei deutlich gestärkt und so viele neue Stellen geschaffen wie seit 30 Jahren nicht mehr: 1.100. Unsere Polizei macht gute Arbeit und dazu braucht sie gute Arbeitsbedingungen, mit einer Entlastung durch Neueinstellungen und einer guten Ausstattung. Ich bin froh, dass wir das Polizeipräsidium für den Bodensee nach Konstanz holen konnten. Es ist falsch, dass die CDU das in Frage stellt. Wir sehen z. B. bei der Bekämpfung der Einbrüche, dass die neuen Strukturen gut funktionieren.
Jürgen Keck (FDP): Wir wollen in Baden-Württemberg in der Fläche 1.000 zusätzliche Polizeistellen schaffen und damit die negativen Folgen der Polizeistrukturreform auffangen.. Die Polizei braucht zudem eine zeitgemäße, moderne Ausstattung. Ich persönlich spreche mich für eine temporäre Videoüberwachung an markanten und gefahrenträchtigen Plätzen aus, ebenso für den »Warnschussarrest« für größere Delikte und Körperverletzungen.

4. Wie lässt sich die Energiewende sinnvoll in der Region umsetzen?


Dr. Fabio Crivellari (CDU): Die Energiewende bietet Chancen für unsere Region – für Mittelstand und Handwerk, für Stadtwerke und Bürgergenossenschaften. Deshalb will ich, dass sie zum Erfolg wird. Dazu gehören der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien, von Netzen und Speichern und eine Begrenzung des Strompreises. Denn Energie darf keine soziale Frage sein und Energiekosten kein Standortnachteil für unsere Arbeitsplätze.
Nese Erikli (Grüne): Baden-Württemberg hat gezeigt, dass es Energiewende kann. Es ist ein weiter Weg, auf dem wir aber ein gutes Stück weitergekommen sind. Unsere Region kann sich durch Energieeinsparung und den Ausbau von Windkraft und Solarenergie daran beteiligen. Bürgerbeteiligung und Naturschutz müssen wir dabei sehr ernst nehmen. Der ambitionierte Plan muss mit der Rücksicht vor Mensch und Natur in Einklang gebracht werden.
Peter Friedrich (SPD): Die Energiewende ist für uns eine Chance, die heimische Wirtschaft zu stärken, indem wir Energiekosten in Investitionen bei uns umwandeln. Wir haben hier Spitzenforschung, gerade im Bereich Solarenergie und Speicher, die ich weiter stärken will. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind dezentrale Technologien und schaffen daher Arbeit und Wertschöpfung vor Ort, in Stadtwerken, Handwerk und Industrie.
Jürgen Keck (FDP): Durch ein umfassendes Maßnahmenpaket! Wir müssen konsequent kommunale Liegenschaften energetisch sanieren.
Private sollten durch Förderung statt Forderung unterstützt werden. Ich setze mich vehement dagegen ein, dass Biogasanlagen mit Lebensmitteln beschickt werden; wir müssen die Landwirte erzeugergerecht bezahlen. Wir wollen uns an der Grundfinanzierung der regionalen Energieagenturen als entscheidende Schrittmacher beteiligen.

5. Wie kann die Integration der Flüchtlinge gelingen – was muss das Land dazu tun?


Dr. Fabio Crivellari (CDU): Gelingende Integration liegt mir ganz persönlich am Herzen: Sie erfordert Engagement und Verpflichtung von allen Seiten. Dazu gehören frühe Sprachkurse, aber auch die Vermittlung von und Verpflichtung auf unsere Werte und Traditionen. Die Ängste und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger nehme ich dabei sehr ernst: Der Angst vor Überforderung muss die Politik mit Transparenz und klaren Konzepten begegnen.
Nese Erikli (Grüne): Integration beginnt dort, wo Alteingesessene und Menschen, die zu uns kommen, miteinander in einen Dialog treten. Sprache, Bildung und Arbeit sind die wichtigsten Säulen. Das Land kann Kommunen und Ehrenamtliche unterstützen, die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse erleichtern und Betriebe und Hochschulen bei der (Aus-) Bildung unterstützen. Deshalb muss auch nach der Wahl das Integrationsministerium weiter bestehen.
Peter Friedrich (SPD): Integration und die Vermittlung unserer Gesetze und Kultur gelingt am besten in Arbeit und Schule. Mein Ziel ist eine duale Integration, bei der Sprach- und Integrationskurse im Einarbeitungsjahr berufsbegleitend stattfinden. Wir haben über 2.500 Schul- und Berufsvorbereitungsklassen im Land gebildet; eine große Anstrengung, die sich lohnt. Ich bin den tausenden engagierten Bürgern dankbar, ohne die Integration nicht möglich ist.
Jürgen Keck (FDP): Wir müssen Menschen mit Bleibeperspektive möglichst von Anfang an mit Intensivsprachkursen unterstützen. Ebenso zentral ist es, für sie den Zugang zu einer Ausbildung und zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Und das Landesförderprogramm »Wohnraum für Flüchtlinge« von derzeit 25 % deutlich erhöhen. Ich möchte auch, dass das ehrenamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern in der Flüchtlingshilfe noch mehr gewürdigt wird.

Am Wahlabend, 13. März, ab 18 Uhr, gibt es aktuelle Berichte und Trends unter www.wochenblatt.net.

Wochenblatt @: Oliver Fiedler